von Claudia Hautkappe

Die Grundlage für meinen Vortrag ist die Auswertung einer Fragebogenaktion aus Holland die 1995 veröffentlicht wurde. Über die drei Verfasser ist mir leider nur bekannt, dass sie alle “van der Ploeg” mit Nachnamen heißen. Das – nur der Vollständigkeit halber und falls jemand schon mal etwas darüber gehört hat. Meiner Meinung nach enthält die Arbeit einige widersprüchliche Aussagen und ist etwas verwirrend dargestellt, das kann allerdings auch mit der Übersetzung oder meiner Auslegung zusammenhängen. Das Ganze beinhaltet eine Menge Zahlen und Prozentangaben und ich hoffe, ich kann das als Laie allgemein Verständlich zusammenfassen. Die Publikation trägt den Titel: Psychologische Aspekte des Klippel-Trenaunay-Syndroms

Auf die Bezeichnung Klippel-Trenaunay-Syndrom muss ich wohl nur kurz eingehen, da uns die Symptome ja hinlänglich bekannt sind. (ausserdem hatte ich kompetentere Vorredner) Lange als Oberbegriff benutzt, verwendet man den Begriff heute nicht mehr so häufig, weil inzwischen die Vielschichtigkeit und die Ausmasse der Krankheit, die schon um 1900 erstmalig beschrieben wurde, viel weiter erforscht sind. Verschiedene angeborene Veränderungen im venösen und arteriellen Bereich werden als getrennte Krankheitsbilder dargestellt, weil sie in so unterschiedlichen Formen und Kombinationen auftreten und selten nur eine einzige Erkrankung gemeint ist. Im weiteren Verlauf werde ich aber das Kürzel KT benutzen, weil ich mich an dieVorgabe aus dem Artikel halten möchte. (Weil es leichter auszusprechen ist)

Für diese erste bekannte Studie über den psychologischen Aspekt der Erkrankung wurden Fragebögen von 60 Erwachsenen und 37 Kindern einer holländisch/belgischen Organisation von KT-Patienten ausgewertet. Wobei für Kinder unter 15 Jahren eine ziemlich verkürzte Elternversion verwendet wurde. Hierzu möchte ich anmerken, dass gerade die Fragen zur Psyche bei Kindern auch nicht so ausführlich behandelt wurden. Das ist wohl auch ein besonders schwieriges Unterfangen denn die Eltern konnten ja nur subjektive Feststellungen treffen. Wie es wirklich in den kranken Kindern vorgeht kann man sicherlich kaum statistisch erfassen.

Betroffen waren bei den Erwachsenen 30% Männer und 70% Frauen (Durchschnittsalter 37 J.) Bei den Kindern waren 60% männlich und 40% weiblich (Durchschnittsalter 7,4) Wobei man davon sicher keine Ableitung auf die generelle Verteilung bei den Geschlechtern machen kann, da nur insgesamt 111 Fragebögen verschickt wurden. 82% davon wurden beantwortet. Dazu kamen noch 9 Fragebögen von Patienten eines Dermatologen aus der KT-Patientenorganisation. Die Fragen wurden abgeleitet von anderen Studien über psychische Belastungen bei chronischen Erkrankungen, dem nationalen Zentrum für Statistik der Niederlande und Standardpsychotests.

Es wurde häufig in zweierlei Hinsicht gefragt: allgemein und bezogen auf KT

  • Allgem. med. Aspekte
  • Die Behandlung
  • Beeinträchtigungen, Behinderungen und Handicaps
  • Gesundheit und Wohlbefinden
  • Fähigkeit das KT-Syndrom zu bewältigen
  • Angst
  • Depression

Für die Grundgesamheit der erwachsenen Befragten zum Thema Gesundheitsempfinden wurde eine Untergruppierung in Patienten mit besserer Gesundheit und Patienten mit schwierigeren Bedingungen vorgenommen.

Die Fragen dazu lauteten: Zustand über die letzten 2 Jahre Einschätzung des Schweregrades Empfindung der Gesundheit im Allgemeinen

Durch Antwortmöglichkeiten wie : sehr ernst, relativ ernst, nicht so ernst sehr gut, gut, mittelmäßig, nicht so gut

ergab sich eine Aufteilung der Erwachsenen in 26 mit besseren und 34 mit schwereren Umständen. Auf die Kinder komme ich später zurück.

Die KT-Patienten der Studie waren alle diagnostiziert und in Behandlung. Nahezu 50 % der Fälle wurden durch einen Chirurgen oder einen Dermatologen diagnostiziert. 25% aller Patienten waren schon bei der Information über die Diagnose unzufrieden. In 75% aller Fälle war das Syndrom äusserlich sichtbar. Es wurden die meisten Patienten dazu gedrängt große Nachteile beim Verbergen der Erkrankung in Kauf zu nehmen, besonders im Sommer. Dadurch ist z.B.schon das allgemeine Befinden beeinträchtigt, was sich nicht zuletzt auch auf das persönliche Umfeld , also die Angehörigen auswirkt. Schon das allein scheint für mich persönlich der Anlass zu sein, die psychologische Betreuung stark auszuweiten, denn nur ein gestärktes Selbstbewusstsein kann helfen mit diesem Problem fertig zu werden. Dafür müssten allerdings auch die betreuenden Ärzte mehr Kooperation untereinander an den Tag legen. Hier besteht aus der Erfahrung unserer bisherigen Arbeit ein großer Handlungsbedarf.

Ein 74% der Erwachsenen äußerte sich trotzdem positiv über ihre derzeitige Behandlung.

Als häufigste Probleme z.B. bei der Arzt-Patientenbeziehung wurde an erster Stelle von 30% aller Befragten die durchlaufene Behandlungsserie bei verschiedenen Ärzten genannt. Gleich darauf folgt mit 27% die unzureichenden diagnostischen und/oder therapeutischen Kenntnisse der Ärzte. Ausserdem erfolglose Behandlung mit 23% oder falsche Diagnosen mit 20% um nur einige zu nennen. Wobei die Befragung mehrere Antworten zuließ. Bei alltäglichen Aktivitäten wie Hausarbeit, längeren Wegen zu Fuß und Einkäufen hatten ungefähr die Hälfte nur geringe bis mittelgradige Beeinträchtigungen. Nur 12% der Erwachsenen klagten über ernst zu nehmende Beeinträchtigungen ihrer täglichen Leistungsfähigkeit.

82% der Patienten erlitten durch KT Schmerzen 40% beschreiben das Auftreten der Schmerzen als häufig bis sehr häufig.

Die psychischen Belastungen oder Auswirkungen konnten z.B. durch eine Reihe von Aussagen bewertet werden, die Mehrzahl der Patienten stimmte mit den folgenden Angaben überein:

  • 85% Ich habe gelernt meinen KT zu bewältigen
  • 79% Ich suche mehr Informationen zu dem Thema
  • 71% Ich bin unsicher über die Folgen meiner Krankheit
  • 63% Ich erzähle anderen Menschen über meine Erkrankung
  • 51% Ich musste meine Arbeit und andere Aktivitäten wegen des KT-Syndroms ändern

Nun ein paar andere Beispiele über verschiedene angesprochene Probleme welche die psychologische Belastung der Kranken ausmachen, in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit:

  • Müdigkeit
  • Unsicherheit über die besondere Art/Seltenheit der Erkrankung
  • Leistungsschwäche und Zunahme der Behinderung
  • soziale Konsequenzen, Mangel an Verständnis
  • sexuelle Probleme, Abhängigkeitsgefühl
  • familiäre Belastung

Die Gründe der Patienten die anderen Menschen keine Informationen über ihre Erkrankung mitteilen wollten beinhalten den Wunsch als menschliches Wesen und nicht als KT-Patient angesehen zu werden, den Wunsch selbst mit dem Problem fertig zu werden und dies nicht Anderen aufzubürden. Die Sorge nicht ernst genommen zu werden, generelle Verärgerung über die Erkrankung und zu guter Letzt mangelndes Vertrauen in andere Menschen.

Jetzt möchte ich auf die Kinder zu sprechen komme, da die Studie nicht so viel dazu hergab werde ich ein paar persönliche Erfahrungen beitragen.

Das Befinden von KT-Kindern gemäß den Berichten ihrer Eltern stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:

  • der Zustand über die letzten 2 Jahre = 75% stabil
  • Schwere der Erkrankung = 40% relativ ernst
  • Generelle Einschätzung der Gesundheit= 46% relativ gut

Auch die Elternbefragung ergab eine Unzufriedenheit über Art und Weise der Diagnose und der Aufklärung über die Erkrankung ihrer Kinder. Eine Bemerkung von mir persönlich: Erfahrung bei der Erstuntersuchung unseres Sohnes: Er hat im linken Bein keine oder nur schlecht ausgebildete Venenklappen, das konnte man zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen, aber auf die Frage nach den roten Flecken im linken Leistenbereich antwortete der Arzt : ” Da ist ja später die Badehose drüber.” Das führt mich gleich zu der Tatsache, das sich bei 24% der Kinder die Krankheit schleichend in nur äußerlich erkennbaren Symptomen manifestierte. Lediglich 3-6% berichteten über Maßnahmen diese zu verstecken. Normalerweise machten die Eltern keine besonderen Anstrengungen die Erkrankung durch Kleidung zu verdecken. Dem würde ich auch zustimmen, aber zuerst müssen sich die Eltern mit der Tatsache abfinden ein krankes Kind zu haben. Ich habe in mehreren Gesprächen erkannt, dass das der erste Schritt ist, die Zukunft der Kinder mit dieser ungewöhnlichen Belastung zu planen und zu beeinflussen. Unter Kleidung versteckt wird das Problem auch nicht besser. Eine grosse Rolle spielt dabei natürlich in welchem Alter die Diagnose gestellt wird. Je jünger das Kind ist, um so leichter wächst es schon mit Einschränkungen auf. Bis die Umwelt evtl. negativ darauf reagiert, muss genug Selbstbewusstsein und das Selbstverständnis mit einer Behinderung zu leben bei den Kindern vorhanden sein. Nur die Eltern sind in der Lage dem Kind so viel “Normalität” wie möglich zu vermitteln. Auch unser Sohn musste mit dem Kompressionsstrumpf als “Holzbein” leben lernen. Das ist natürlich alles leichter gesagt als getan, zustimmen werden mir sicherlich hauptsächlich die Eltern die schon zusätzlich zum normalen “Krankheitsbewältigungsstress” mit der Pubertät ihrer Kinder zu kämpfen hatten.

Helfen kann oft schon die Tatsache das man hört, den anderen Eltern geht es ähnlich. Dafür sind die Gespräche und Kontakte notwendig die wir mit unserer Arbeit anstreben.

Noch einmal zurück zu den Zahlen: Die Auswertung ergab, dass 58% der Kinder unter keinerlei Beeinträchtigungen, 33% nur unter geringen und 9% unter mittleren Beeinträchtigungen in ihrem täglichen Leben als Folge der Erkrankung litten.

35% der Eltern berichteten über Schmerzen der Kinder in Folge der KT, 9% beschrieben die Häufigkeit als hoch. Es sollte jedoch betont werden, dass die Eltern möglicherweise das Auftreten der Schmerzen unter bestimmen.

Als Abschluss kann man zusammenfassen, das die Patienten die ihren Gesundheitszustand als schlecht bezeichneten, auch am meisten unter den psychischen Problemen der Krankheit leiden Da es im Moment für diese Krankheit noch keine Heilungschancen gibt, kann man sich Gegenwärtig nur eine optimale, fürsorgliche Arzt-/Patientenbeziehung wünschen um auch die psychologischen Probleme in den Griff zu bekommen.

Da dies die erste Studie ist, die das KT-Syndrom in Hinsicht auf psychische Belastung und Lebensqualität untersucht, ist man natürlich nicht in der Lage die Ergebnisse zu Überprüfen und Vergleiche zu ziehen. Aber das könnte vielleicht eine unserer zukünftigen Aufgaben sein.

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