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Aufgrund der Corona-Krise musste die geplante Konferenz der International Society for the Study of Vascular Anomalies (Internationale Gesellschaft zum Studium von Gefäßanomalien, ISSVA) in Vancouver/Canada ausfallen. Stattdessen wurde eine 2-tägige Online-Videokonferenz am 14. und 15. Mai von Vancouver aus organisiert. Durch die Zeitverschiebung fiel es bei uns auf den Zeitraum von 17 bis 24 Uhr. An der Konferenz nahmen mehr als 600 Personen teil.

Am ersten Tag wurde mit einem Einführungsreferat über molekulare und genetische Diagnostik von Gefäßanomalien berichtet. Im Anschluss kamen dann 3-minütige Kurzvorträge mit kurzer Diskussion. Viele Vorträge sprachen über neue genetische Befunde mit Veränderungen in den verschiedenen Signalwegen intrazellulärer Stoffwechselketten, die in der Angiogenese wichtig sind. Wie schon in den vergangenen Jahren wird das Wissen der genetischen Grundlagen von Gefäßanomalien ständig erweitert.

Ein weiterer Schwerpunkt war der Umgang mit dem Sklerosierungsmittel Bleomycin und dessen Nebenwirkungspotential und der Frage, ob ein Röntgen des Thorax und ein Lungenfunktionstest vor Einsatz von Bleomycin notwendig ist (nein) sowie der Frage, ob spezielle Laboruntersuchungen vor und nach Behandlung notwendig sind (nein).

Im Abschnitt Lymphatische Malformationen wurden radiologische Befunde verschiedener Knochenbeteiligungen gezeigt sowie Erfahrungen mit medikamentösen Therapien mit Trametinib (MEK-Signalweg-Inhibitor) sowie Sirolimus (mTor-Inhibitor) bereits bei pränatal diagnostizierten großen Lymphatischen Malformationen mitgeteilt.

Den Abschluss des ersten Tages bildeten Vorträge zur Messung der Lebensqualität von behandelten Patienten sowie ein Bericht über den Stand des Aufbaus eines von der EU geförderten Europäischen Referenz Netzwerks (ERN) im Bereich Gefäßmalformationen.

Der zweite Tag begann mit einem Übersichtsreferat über neue medikamentöse Therapien, die zum Teil in Phase II und Phase III-Studien auf ihre Wirksamkeit untersucht werden. Zu diesen Substanzen, die zum Teil aus der Therapie anderer Tumoren kommen, zählen:

  • Trametinib als MEK-Inhibitor bei AVM;
  • Thalidomid (bekannt als Contergan) bei VM und AVM;
  • Sirolimus als mTor-Inhibitor bei LM, VM, AVM etc.;
  • Miransertib (ARQ092) als Pan-AKT-Inhibitor bei PROS (PIK3CA- related overgrowth spectrum) und Proteus Alpelisib (BYL719) als PI-3-Kinase Alpha-Inhibitor bei PROS (PIK3CA- related overgrowth spectrum).

Die Frage ist aktuell, ob diese Medikamente in bestimmten Fällen zuerst zum Einsatz kommen sollen und welche Nebenwirkungen einzurechnen sind.

Ein Abschnitt war den Hämangiomen gewidmet. Eine Untersuchung des Schlafverhaltens unter Propranolol zeigte keine Auffälligkeiten. Im Vergleich Nadolol gegen Propranolol schien Nadolol beim klinischen Effekt etwas besser abzuschneiden.

Der nächste Abschnitt beschäftigte sich mit sehr diversen Aspekten von der Toxizität einer Sirolimus-Behandlung über neurologische Manifestationen bei 189 CLOVES-Patienten bis zur PDL-Behandlung bei Naevus flammeus.

Der letzte Abschnitt war der AVM gewidmet. Hier wurde erneut über Trametinib und Thalidomid in der Behandlung der AVM berichtet sowie weitere neue genetische Befunde. Der einzige interventionell radiologische Vortrag der ganzen Konferenz berichtete am Schluss aus China über eine kombinierte Onyx- und Alkoholbehandlung bei periorbitaler AVM.

Sehr auffällig war, dass nicht ein einziger Vortrag von Seiten der operativen Fächer angenommen worden war.

Wahrscheinlich wird im nächsten Jahr ein weiterer Online-Workshop der ISSVA organisiert. 2022 soll dann die Konferenz in Vancouver nachgeholt werden.

Text: Dr. Lutz Meyer, Leitender Arzt Abteilung Kinderchirurgie - Zentrum für Vasculäre Malformationen Eberswalde (ZVM)
Grafik: ISSVA